Datenjournalismus vor dem Internet: Wetterbericht, Finanzdaten und Co.

Schaubild Datenjournalismus vor dem Internet

Formen von Datenjournalismus sind lange schon allgegenwärtig. Wetterberichte und -vorhersagen etwa begegnen einem andauernd: Im Radio, in der Zeitung, im Fernsehen – auf Monitoren im Nahverkehr der Großstädte, auf dem Smartphone und im Internet selbstverständlich auch. Wetterberichterstattung erfüllt zumindest einige Kriterien von Datenjournalismus – wenn wir den als Prozess und Veröffentlichungsform verstehen: Datensätze sind zentraler Bestandteil der Berichterstattung und es erfolgt eine unmittelbare Präsentation ihrer selbst – entweder als Rohdaten (z.B. Lottozahlen) oder in aggregierter Form visualisiert (bspw. Wetterkarten oder Börsenkurse).

Die erste journalistische Berichterstattung über komplexere Datensätze dürften Finanzinformationen gewesen sein. Börsen entstehen im 13. Jahrhundert. Aber seit wann gibt es Journalismus? Datenjournalismus vor dem Internet: Wetterbericht, Finanzdaten und Co. weiterlesen

Interviews (Audio) data-driven-journalism round table Amsterdam

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Im Anschluss an den Data-driven-journalism round table (über den ich gestern berichtete) gab es noch die obligatorische Grachtenfahrt. Auf dem Schiff befragte ich einige deutschsprachige Teilnehmer und Organisatoren zu ihrer Einschätzung der Veranstaltung. Die Audioqualität ist durch den Geräuschpegel im Hintergrund etwas beeinträchtigt; die Interviews sind zwischen zwei bis sechs Minuten lang.

Vorher noch ein Hinweis: In der Aufzählung der mir interessant erscheinenden Dinge auf der Tagung habe ich die die Tools des Angebots digitalmethods.net vergessen – großartige Werkzeuge von der Universität Amsterdam.

Hier die Reihenfolge der Interviews, die weiter unten gehört oder heruntergeladen werden können.

Wilfried Rütten, Direktor des European Journalism Centre EJC)

Mirko Lorenz, Organisator der Tagung, arbeitet für EJC, DW (Link)

Sebastian Mondal, Datenjournalist, dpa

Sönke Lorenzen, Media Analyst bei Greenpeace International

Marco Maas, freier Datenjournalist (u.a. ZDF Parlameter) – Link

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Bericht vom data-driven-journalism round table in Amsterdam

badge data driven journalism ejc

Gestern nahm ich am data-driven-journalism round table in Amsterdam teil. Im Folgenden werde ich einige Punkte von der Tagung nennen, die ich bemerkenswert fand. Eine vollständige Dokumentation inklusive Videos und Präsentationen der Referate wird es bald vom European Jourmalism Centre EJC – dem Ausrichtter der Tagung geben, darunter auch die Arbeiten von Anna Lena Schiller, die jedes der Referate gleich illustrierte.

Die Veranstaltung brachte in vier Panels fast 20 Personen aus Europa und den USA zusammen, die zu verschiedenen Aspekten der recht jungen journalistischen Disziplin data journalism kurze Vorträge hielten. Darunter Mitarbeiter vom Guardian (datablog), LA Times (datadesk) und der Ney York Times. Eine einzige Frau war unter den Vortragenden; ingesamt waren etwa 60 Personen den ganzen Tag dabei. Bericht vom data-driven-journalism round table in Amsterdam weiterlesen

Tutorial: Interaktive Kartenvisualisierung mit "Many Eyes" am Beispiel rechter Straftaten

Ausschnitt Karte Deutschland Many Eyes rechte Straftaten Mai 2010

In diesem Tutorial wird gezeigt, wie sich Daten mit der Websoftware Many Eyes von IBM darstellen lassen. Besonders die Möglichkeit Informationen nach Bundesland auf einer Deutschlandkarte abzubilden, macht den Dienst äußerst attraktiv (und bislang wohl einmalig, zumindest was kostenlose Webdienste angeht). Wie das funktioniert, wird im Folgendem gezeigt. Aber auch Bubblecharts, Treemaps usw. sind mit Many Eyes möglich – erfreulicherwerweise lassen sich die interaktiven Darstellungen auf der eigenen Seite einbetten.

Rechte Straftaten im Mai 2010 – bundesweit:

Gut 1.300 Straftaten von Rechten führten im Mai 2010 laut Bundesregierung zu einem (1) Haftbefehl – bei gut 600 Tatverdächtigen. Fast 90 Menschen wurden durch die rechte Gewalt verletzt.

Dass es bei den doch recht vielen offensichtlichen Körperverletzungen zu nur einem Haftbefehl gekommen ist, ist doch sehr erstaunlich.

Datensatz erstellen

Die Informationen gehen aus einer Antwort der Bundesregierung (pdf) aus dem Juli 2010 hervor: Tutorial: Interaktive Kartenvisualisierung mit "Many Eyes" am Beispiel rechter Straftaten weiterlesen

Definitionen: OpenData, OpenGovernment, Gov2.0 und Co.

OpenData ist derzeit ein angesagtes Thema und gern wird dabei mit dem Begriff oder verwandten Bezeichnungen hantiert – wobei es oft kreuz und quer durcheinander geht. Im Folgenden einige Definitionen und Erläuterungen:
Daten (data – Latein, Plural von Datum) meint gruppierte Informationen; wörtliche Bedeutung: etwas Gegebenes, Gegebenheit.
Open – als Präfix, Vorsilbe meint es im Internetbereich Offenheit und Zugänglichkeit – bekanntestes Beispiel ist sicherlich das Begriffspaar OpenSource. Mit dem Open wird signalisiert, dass es auch um die Weiternutzung der Information geht; also kein klassisches Copyright damit verbunden ist, sondern etwa ein Lizenzmodell wie Creative Commons, das explizit Nutzungsrechte einräumt. Bezogen auf Daten geht es mithin um Informationen, auf die keine Person oder Firma alleinigen Anspruch erhebt (geistiges Eigentum). In den USA etwa sind die meisten staatlich erhobenen Informationen auf Bundesebene – „work of the United States government“ – Teil der „public domain“, Teil der öffentlichen Sphäre. (Deswegen unterliegen bspw. die Bilder der Raumfahrtbehörde NASA keinem Copyright.) Definitionen: OpenData, OpenGovernment, Gov2.0 und Co. weiterlesen

WarLogs, Big Data und die Folgen für den Journalismus

Warlogs Guardian IDE Timeline
Guardian - Warlogs: Ausschnitt aus interaktiver Zeitleiste

Schnell hieß es am Montag in Folge der Veröffentlichung der Afghanistan-Protokolle: Heute hat sich der Journalismus für immer verändert.

„Dies ist nicht nur bedeutend für die Berichterstattung und die Wahrnehmung des Kriegs an sich. Es ist auch eine Machtdemonstration von Wikileaks und ein Blick in den Journalismus der Zukunft. Denn man kann auch sagen: Wikileaks hat drei der bedeutendsten Print-Medien die Pistole auf die Brust gesetzt – und die haben sich nicht lang gewehrt. Letztlich hat die so oft angezweifelte Plattform die Kooperationspartner gezwungen, sich einer neuen Berichterstattungswelt zu öffnen.

So schrieb Thomas Knüwer und goss Häme über Spiegel-Online aus; die Website habe gegenüber der New York Times und vor allem dem Guardian in der Präsentation der Afghanistan Protokolle oder Warlogs sehr schlecht ausgesehen. (Eine Einschätzung, die der Chefredakteur von SPON gegenüber Meedia letztlich teilte).

Tatsächlich scheinen sich die drei Zeitungen einer Situation á la „friss oder stirb“ ausgesetzt gesehen zu haben. Allerdings geht laut dem Artikel The Story Behind the Publication of WikiLeaks’s Afghanistan Logs (Columbia Journalism Review) der ganze Vorgang auf das Engagment eines Guardian-Redakteurs zurück.

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Hyperlocal: Lokaljournalismus und OpenData in den USA und Deutschland

Lokaljournalismus lebt davon, dass die Leser immer auch das interessiert, was sie kennen: Der Verein um die Ecke, der Einbruch beim Nachbarn gegenüber und das Angebot vom Laden die Straße herunter. Hyperlokal, auf den unmittelbaren Straßenzug eingegrenzte Berichterstattung sei deswegen die Zukunft des Lokaljournalismus im Web, heißt es.

Im Folgenden geht es zuerst um entsprechende Angebote in den USA – namentlich Everyblock. Im zweiten Teil des Beitrags wird dann ein Blick auf den Stand in Deutschland geworfen und die Probleme mit den Informationen aus der öffentlichen Hand (OpenData). Schließlich geht es um Geschäftsmodellefür Netz-Lokalberichterstattung und den Anzeigenmarkt im mobilen und geolokalen Internet.

Everyblock Beispiel Ausschanklizenz

Hyperlocal, so wird die Zukunft des Lokaljournalismus sein. Meinen manche. Vorreiter dieses Ansatzes ist das US-Projekt Everyblock, das 2007 startete. Mittlerweile ist es für 16 große US-Städte verfügbar. Es generiert keine eigenen Inhalte sondern aggregiert sie, sammelt sie ein. Man versteht sich als „geographischer Filter“ heißt es in der Selbstdarstellung. Dabei geht es nicht um statischen Daten für eine Gegend, etwa Adressen von Schulen. Sondern um Nachrichten im weitesten Sinne, die sich auf einen Standort beziehen und ein Datum haben.

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Yahoo Pipes und Twitterfeed-Tutorial: Bundestag-RSS filtern

yahoo pipes schemaYahoo Pipes ist ein großartiges Werkzeug, um Informationen von Websiten oder aus anderen Datenquellen abzugreifen, zusammenzuführen und automatisiert zu filtern. Es benötigt keine großartigen Programmierkenntnisse, sondern erlaubt logische Operationen über eine grafische Oberfläche. Die so gewonnen Informationen können dann in verschiedenen Formaten veröffentlich werden (Mashup). Eben ist das Werkzeug, für dessen Nutzung ein Yahoo-Account benötigt wird, in der zweiten Version erschienen. Das Update nach drei Jahren soll schneller arbeiten und demnächst neue Funktionen erlauben, heißt es im offiziellen Blog.

Hier wird im folgenden Beschrieben, wie aus dem RSS-Feed der Bundestagswebsite alle Drucksachen, die Anfragen an und Antworten der Bundesregierungen sind, herausgesiebt werden. Weiter wird gezeigt, wie sich die Links auf das pdf-Dokument automatisch auf Twitter (twitter.com/anfrage) veröffentlichen lassen.

Wofür ist das nützlich? Nur ein kleiner Teil der Drucksachen des Bundestages sind Anfragen der Opposition bzw. Antworten der Bundesregierung auf  diese (ein anderes zu filterndes Thema wären bspw. die „Anträge). Die Anfragen selbst enthalten nicht selten interessante Informationen; die Antworten wiederrum verraten einiges über Regierungshandeln – nicht zuletzt durch die Verweigerung von Informationen. Insofern zeigt das im folgenden erklärte Verfahren ein Weg zur Arbeitserleichterung in der Recherche und dem Monitoring auf – an der alle teilhaben können, die ein RSS-Reader nutzen oder sich über Twitter mit Informationen versorgen.

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Das Gesellschaftswerkzeug

Das Internet wird auch in Deutschland erwachsen: Ein Verbund von Politikanwendungen wird die Bürger in naher Zukunft ermächtigen, wieder selbst Entscheidungen zu treffen

Illustration von Der Freitag

Einöde. So lässt sich jener Teil der Internetlandschaft beschreiben, der von der Bundesregierung bestellt wird. So oft auch von E-Demokratie die Rede ist, so wenig wird von den Bundesministerien dafür getan. Anders in den USA und Großbritannien: Dort werden OpenGovernment-Initiativen vorangetrieben, wird Regierungs- und Verwaltungshandeln transparenter, soll die Teilhabe und Mitsprache der Bürger verbessert werden. Einiges daran ist kritikwürdig – es drückt aber eine realistische Beurteilung der Potenziale des Internets für gesellschaftliche Prozesse aus.

Dagegen zeugen etwa die in der vergangenen Woche verkündeten 14 Thesen des Bundesinnenministers zur Netzpolitik von großem Nachholbedarf. Zwar herrschte Erleichterung darüber, dass Thomas de Maizière sich überhaupt konstruktiv mit dem Thema auseinandersetzen will. Doch hatten die vorausgehenden „netzpolitischen Dialoge“ gezeigt, dass der CDU-Politiker den Blick nicht über den Tellerrand richtet. Dass die US-Regierung unter data.gov zahlreiche Datensätze aus allen Ressorts veröffentlicht, war dem Minister nach eigenem Bekunden sogar unbekannt.

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