Über unsere App: GEMA versus YouTubes Top 1000

English readers: please read below – English version of the app here

Am vergangenen Freitag, den 25.1. 2013, hat die GEMA eine Unterlassungsklage gegen Youtube eingereicht. Seit 2009 streiten sich das Videoportal von Google und die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Letztere wehrt sich mit der Klage gegen die Sperrbildschirme, die suggerieren würden, dass die GEMA für die Sperrung verantwortlich sei.

Weltweite Top 1000 der YouTube-Videos

Unterstützt durch MyVideo. Realisiert von OpenDataCity. Anwendung steht unter CC-BY 3.0.

Wir von OpenDataCity wollen mit der Datenanwendung „GEMA versus YouTubes Top 1000“ (Link zur großen Fassung) das Ausmaß der Sperrungen veranschaulichen. Wir bieten die Möglichkeit an, die interaktive Visualisierung unter einer CC:by-Lizenz kostenfrei einzubetten (auch auf Englisch). Außerdem stellen wir den Datensatz (.tsv) zum Download als Open Data bereit (er wird alle 24h 7 Tage aktualisiert).

Schaut man sich die weltweit Top 1000 bei YouTube an – Videos mit 42 Mio. Aufrufen oder mehr – sind davon hierzulande über 60 Prozent wegen eines möglichen Rechtsanspruch der GEMA im Vorhineinein seitens YouTube gesperrt. Damit liegt Deutschland mit weitem Abstand vor Südsudan (15 Prozent) und auf dem dritten Rang Vatikanstadt mit 5 Prozent.

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Wie kommt das Ranking zustande?

YouTube bietet ein solches Ranking nicht an, sondern liefert auf Suchanfragen maximal tausend zufällig ausgewählte Antworten. Regelmäßig lassen wir eine Software (einen so genannten Scraper) einige dutzend Suchanfragen in verschiedenen Sprachen, durch alle Kategorien und mit Browserkennungen zehn verschiedener Länder alle Videos mit mehr als 40 Millionen Aufrufen abfragen. Mittlerweile wurden knapp 200.000 Anfragen gestellt und auf Basis dieser Proben die Top-1000 erstellt. Das Ranking in der Visualisierung wird alle 24 Stunden aktualisiert. Google veröffentlicht selbst keine Statistiken über die Anzahl der gesperrten Videos in einzelnen Ländern.

Printfähige hochauflösende Grafiken (in Einzelansicht Pixelangabe rechts von Datum wählen)

Worum der Streit sich dreht

Die GEMA will zusätzlich zu einer prozentualen Beteiligung an den Werbeeinnahmen noch eine Zahlung pro View eines Videos auf YouTube – unabhängig davon, ob und wie kommerziell erfolgreich ein Video ist. Youtube lehnt eine Zahlung pro Aufruf eines Videos ab, weil dann kommerziell wenig erfolgreiche Videos für den Werbekonzern nicht kalkulierbar seien und möglicherweise aus dem Angebot entfernt werden müssten.

Youtube sperre Musikinhalte für Deutschland prinzipiell in einem automatisierten Prozess, gibt Google bekannt. „Das Prozessrisiko ist für uns zu groß“, so die Konzernsprecherin Mounira Latrache gegenüber OpenDataCity. Es gebe für Youtube keine Möglichkeit zu überprüfen, für welche Clips die Gema Rechte vertritt und welche rechtefrei seien.

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In rund 40 Ländern hat Youtube bereits eine Einigung mit den jeweiligen Verwertungsgesellschaften – jeweils basierend auf einem prozentualen Verteilungsschlüssel an den Werbeeinnahmen des jeweiligen Videos. Für Schweden, Dänemark und Norwegen sowie die Schweiz und Österreich gibt es allerdings bisher noch keine Einigung. Eine Tafel wie dem Gema-Hinweis für deutsche Besucher gibt es allerdings nirgendwo sonst.

Seitens der GEMA heißt es: “Die Sperrung eines Videos auf YouTube kann zahlreiche Gründe haben. Die Labels können beispielsweise die Nutzung ihres Repertoire selbst sperren. Auch viele Verlage und Künstler nehmen ihre Rechte im Online-Bereich selbst wahr.”

Eine Einigung außerhalb des Schiedsverfahrens wäre nach Auffassung von Google für alle Parteien erstrebenswert. Ein Schiedsverfahren kann bis zu 18 Monate dauern, sollte hier keine Einigung erzielt werden, könnte der folgende Gerichtsprozess bis zu sieben Jahre in Anspruch nehmen.

Disclosure: Wir testen gerade Alternativen zur Finanzierung von datenjournalistischen Vorhaben. Die Entwicklung der App wurde von MyVideo unterstützt; in redaktioneller Hinsicht hatten wir völlig freie Hand.

ENGLISH

GEMA, the German music royalties collection agency, and YouTube are in dispute about royalities and copyrights for years. Thus, more than thousand videos are blocked in Germany. OpenDataCity made an interactive datavisualization to show how much of the Top 1000 videos are blocked in Germany and other countries. Head over to Techcrunch for more detail on the dispute of Gema versus Google’s video service.

We of OpenDataCity made an app showing, how many videos are blocked within Germany and the rest of the world. You can embed it for free (CC:by) and download the data (.tsv).

How the Top-1000 List came together

There is no such ranking provided by Youtube. That’s why a scraper, a small piece of software, is asking YouTube again and again about videos with more than 40 million viewers (using several different common words and browser identifications from some countries). By now the scraper asked about 200.000 times and based on its results the Top-1000 was calculated. The data is updated every day (you can download it here as Open Data). It’s updated every 24 hours. Google/YouTube is not providing any statistics about blocked videos in a country.

Disclosure: The development of the app was supported by MyVideo. No influence whatsoever was taken on our editorial process.

48 Gedanken zu „Über unsere App: GEMA versus YouTubes Top 1000“

  1. Schick gemacht, klasse Sache! Leider ist das Mouse-Over in der letzten Zeile (bzw. den unteren Zeilen) nicht mehr sichtbar, weil es ja immer nur nach unten geht.

  2. Gibts das Ding auch noch in gross? Muss meine Maus auf 800dpi stellen um nicht gleich das nächste Fenster zu berühren…. 600×800 wäre doch um einiges angenehmer 😉

  3. Habt Ihr eine Liste der URLs? Dann kann ich das für Holland machen. Ansonsten würden mich so lupenreine Demokratien wie Saudi Arabien, China oder Nord Korea interessieren. 🙂

  4. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, danke für diese aussagekräftige Visualisierung! Der nächste Schritt wäre, anhand belastbarer Daten den durch die GEMA verursachten, realen Schaden zu beziffern. Also wieviele Videos deutscher Urheber auf Youtube wären – lizenzabgabepflichtig – in den _Jahren_ der Nichteinigung angeklickt worden? Tausende, Millionen, Milliarden? Auch eine vorsichtige Schätzung sollte hier veranschaulichen können, dass die GEMA unbestreitbar gegen Urheberinteressen arbeitet, in dem sie reales Verwertungspotential NUR durch unsägliche Überheblichkeit verschwendet.

    Dass wir genug ‚befreundete‘ Gerichte haben, die im Sinne einer Bananenrepublik für die Ungerechtigkeit entscheiden, ist hinreichend bekannt. Dennoch stellt das Gebaren der GEMA ein kulturelles Verbrechen dar, für das Verantwortliche je mehr bezahlen werden, je aggressiver sie die Zeichen der Zeit, die Macht von Google, die Interessen von URHEBERN und MUSIKLIEBHABERN (man könnte sagen Menschen!) ignorieren. Nicht, dass Google ohne Kritik zu begegnen wäre – aber es klingt wie ein bitterer Treppenwitz der Geschichte, dass man im Inland ‚wieder‘ auf die Übermacht des Auslands hoffen muss…

    Insofern ist der GEMA insbesondere für den Sonderweg deutscher Betonköpfe zu danken, in selbstsüchtiger, größenwahnsinniger Arroganz der ganzen Welt die Preise diktieren zu wollen und damit nicht von irgendwoher ein Nazi-Image zu befördern.

  5. Pingback: Home of WahnFried
  6. „unterstützt von MyVideo“? na prima… ein bösartiger Klon des SAT1Pro7Kabel1n24 usw. Mediengeflechts tut sich als Gutmenschenhelfer hervor. Das nennt man dann wohl den Teufel mit Beelzebub austreiben!

  7. Woher kommt die Information, ob ein Video den Kategorien „bestehendes Rechtsproblem“ oder „möglicherweise Rechtsproblem“ zugehört?

    1. „möglicherweise Rechteproblem“ heißt, dass YouTube im vorauseilendem Gehorsam die Videos sperrt, z.B., weil sie Musik enthalten, die „möglicher Weise“ von einem GEMA-Mitglied stammen könnte.

      Daher ja auch immer die YouTube-Warnung: „Dieses Video ist in Deutschland nicht verfügbar, weil es möglicherweise Musik enthält, für die die erforderlichen Musikrechte von der GEMA nicht eingeräumt wurden.

      Alle anderen gesperrten haben wir „bestehende Rechtsprobleme“ zugeordnet.

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