Über Software für Bürger(beteiligung)

Reparier‘ meine Straße – eine klare Ansage: So heißt ein Dienst aus Großbritannien – fixmystreet.com. Dahinter steckt mal wieder mySociety (siehe auch den Überblick zur Wähler Software). Bei FixMyStreet kann man Schäden wie eine kaputte Straßenlaterne auf einer Katasterkarte eintragen. Per Mobiltelefon lässt sich mittlerweile gleich noch ein Foto hochladen. Die zuständige Verwaltung wird über den Eintrag in Kenntnis gesetzt und kann in der Software Rückmeldung geben, ob und wann der Schaden behoben wird. Schlicht, simpel, sinnvoll. Während in England FixMyStreet von einer NGO initiert wurde, hat das Land Brandenburg – bislang einzigartig in Dtl. – die Idee von Verwaltungsseite aufgegriffen: Der Maerker.Brandenburg nuzt auf ähnliche Weise die Methode des „Crowdsourcing“.

Dass solche Bürgerdienste auch als Geschäftsmodelle funktionieren könnten, versucht Mark-a-spot zu zeigen. „Anliegenmanagment für den öffentlichen Raum“ heißt das dann (hier ein Beispiel für Köln). Zusammen mit der Firma Zebralog will man die Software vermarkten, die als Open Source vorliegt. Zebralog wiederrum gestaltet als Dienstleister für diverse Auftraggeber der öffentlichen Hand Bürgerdialogsverfahren in der Offline-Welt; eben hat das Berliner Unternehmen Innenministerium und Bertelsmann Stiftung darin unterstützt, einen Leitfaden über die „Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürger über das Internet“ zu erstellen (pdf, 8MB). Die Zeit allerdings berichtete unlängst, dass das Bundesinnenminsterium 1,5 Mio. bereitgestellte Gelder für eben solche „Online Konsultationen“ nicht abruft.

Doch zurück zu den Diensten. In Kanada gibt es einen solchen, der hilft, sich in dem Müllabfuhrdschungel zurechtzufinden: Vantrash.ca . Ebenfalls in Nordamerika bietet die Stadt Toronto eine Karte mit einer Übersicht über die Kindergärten der Stadt an. In England findet sich das Angebot Schooloscope, das versucht, anhand von den zugänglichen Daten eine Einschätzung der Schullandschaft zu ermöglichen.

Ohne Karten funktionieren diese Dienste nicht: Die meisten Informationen tragen Ortsinformationen in sich. „Geobasierte Dienste“ werden seit Jahren als heißes Ding im Internet gehandelt – und zurecht: Viele Zusammenhänge lassen sich aufschlußreich auf Karten abbilden. Gepaart mit mobilen Geräten inklusive digitalen Kompass und GPS wird da noch viel passieren (man schaue sich beispielsweise die Augmented Reality-Anwendung layar an, die erlaubt die Berliner Mauer an dem tatsächlichen Ort einzublenden.) Wer sich an Buzzwörtern ergötzen kann, darf sich dafür „Hyperlokalität“ merken.

Insofern muss eine Forderungen an Städte und Gemeinden lauten, jetzt und hier ihre Katasterkarten kostenlos freizugeben und in sinnvollen digitalen Formaten anzubieten. Neben Kartensätze ist die zweite Grundlage für praktische Anwendungen, die sowohl Verwaltung als auch Bürgen das Leben vereinfacht, Verwaltungsinformationen als Open Data sinnvoll strukturiert in maschinenlesbaren Formaten herauszurücken. Oft ist dafür kaum ein Aufwand für die Behörden verbunden; viele Daten dürften in ebensolchen Formaten (z.B. als .csv oder .xls) behördenintern vorhanden sein – die müssten nur auf den jeweiligen Website angeboten werden

Dass User, Firmen und vielleicht auch die Behörden selbst mit den immer vielfältigeren Möglichkeiten der Webwerkzeuge praktische Anwendungen schaffen werden, steht zu erwarten. Als einfaches Beispiel mag die „Smiley-Liste“ des Berliner Bezirks Pankow dienen: Anfang 2009 veröffentliche die Bezirksverwaltung eine Negativliste von Imbissen, die Hygeniestandards nicht erfüllten. Wenig später war diese Liste auf einer Google Map eingetragen.

Bis deutsche Behörden ihre Daten in einem zentralen Verzeichnis ablegen müssen, wie in den USA auf data.gov, dürfte noch einiges an Zeit ins Land gehen. Dabei sollte das doch eigentlich selbstverständlich sein: Die Datensätze gehören uns Bürgern, die wir ihre Erhebung mit Steuern und Abgaben finanzieren.

Zum Abschluss sei noch auf die Problematik solcher Dienste hingewiesen, die ja eigentlich einiges an Win-Win Potential haben: Was dem einen ein „Anliegen“ ist, erscheint dem anderen als Denunzation (siehe taz über die Niederlande: „Bürger sollen Hilfspolizisten werden“). Im öffentlichen Raum wird dann per Mausklick und Handyfoto aus „Streetart“ schnell „Farbvandalismus“. Und trägt eine „Crime Map“ nicht zu Segregation (Entmischung) von Stadtteilen bei? Was der Dienst brennende-autos.de in diesem Zusammenhang erreichen will, bleibt dahingestellt.

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