Wider die Paywall: Lernt von der Gamesbranche

Es gibt eine Branche, die im Netz überaus erfolgreich ist: Die Gamingindustrie. Niemand macht es besser, wenn es um digitales Storytelling geht. Und beim Verkauf von digitalen Produkten kann die Branche auf 40 Jahre Erfahrung blicken. Sicherlich sind Konzepte wie „Micropayment“ nicht eins zu eins zu übertragen. Aber es gibt viel „best practice“ dazu, was es zu beachten gilt, will man im Netz etwas verkaufen. Stichwort „Usability“. Dazu später mehr.

Im deutschsprachigen Nachrichtenmarkt geht es zur Sache: Vielleicht täuscht der Eindruck, aber mir scheint es so, als ob die Scheitelwelle der „Zeitungkrise“ hierzulande erst noch kommt: Die FR wird vielleicht ein rein digitales Produkt, bei der FTD wird ebenfalls darüber nachgedacht, die WAZ willl erneut 20% der Mitarbeiter entlassen. In Nürnberg stirbt eine kleine, alte Tageszeitung. Eine Presseagentur schmiert ab (obwohl das wohl auch einer gewissen Hybris geschuldet war).

Viel andersweitig benötigte Energie wird durch den Irrweg namens Leistungsschutzrecht vergeudet. Doch die Gretchenfrage für Zeitungen im Internet lautet derzeit: Wie hältst du es mit der Paywall?

Kostenlosmentalität vs. Zahlschranke

Verfechter der „Zahlschranken“ argumentieren mit genuinem Content, der nicht einfach kostenfrei abzugeben sei. Denn Rechercheleistung, überhaupt journalistische Arbeit sei in ihn geflossen, ganz abgesehen von der redaktionellen Infrastruktur, die dafür notwendig sei.

Es ist erst einmal völlig richtig: Journalismus kostet Geld; und vor allem exklusiver Content lässt sich gut verkaufen. Andererseits ist es ein Irrtum, dass die kostenfreie Abgabe von Content einer „Kostenlosmenalität“ geschuldet sei, die erst mit dem Internet Einzug gehalten hat: Privatfernsehen und -radios senden seit Jahrzehnten ohne Bezahlschranken. Und die Idee, dort eine solche einzuführen, hat bislang mässig erfolgreich funktioniert (siehe Premiere/Sky). Und sie ist im Radio meines Wissens nach noch nie ausprobiert worden.

Vor allem im Lokal-/Regionalzeitungsmarkt bringt die Paywall folgende Gefahr mit sich: Qype, Yelp, Foursquare, Facebook, Ebay Kleinanzeigen usw. ersetzen schon längst Teile der ursprünglichen Dienstleistung der Lokalzeitungen. Hier Terrain wiedergutzumachen, in dem man sich zuschließt, kann nicht funktionieren – außer man hat wirklich etwas Einzigartiges zu bieten.

Durch eine Paywall schafft man überhaupt erst eine Nische für eine Konkurrenz, die ohne Beschränkung Zugang zu lokalen Inhalten anbietet. Diese Konkurrenz tritt dann eben auch in den Kampf um die lokalen Werbetöpfe ein. Wenn dann noch ein großer Player die Chance sieht, in den Lokalmarkt vorzustoßen und bereit ist, einen langen Atem zu behalten, wird es eng. Der Axel-Springer-Verlag wird sich bei dem Kauf des Städteportals meinestadt.de etwas gedacht haben.

Auch ist kaum zu erahnen, ob neue Technologien und Geräte,  Dynamiken durch neue socialmedia Trends und neue Dienste entstehen, die dann etwa dem hyperlokalen Bloggen Schwung verleihen. Und somit eine Lokalberichterstattung entsteht, jenseits der Verlage, die für viele ausreicht und den Lokal/-Regionalzeitungen weiter Wasser abgräbt.

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